Seit heute früh, meine sehr verehrten Damen und Herren, kreist ein Wort durch meinen Kopf, das sich dort über Jahrzehnte versteckt hatte wie der Andreas Nicolaus Stammer im Archiv der Stadt Heide.
Es war das Wort BERICHTIGUNG!
Wenn ich Fehler hatte im Diktat, dann musste ich BERICHTIGUNG schreiben, Doppelpunkt und unten die Wörter verbessern.
Mein Name ist Bernhard von Oberg
Wir haben uns hier und heute getroffen, um einen gravierenden Fehler in der Geschichte des Feuerlöschwesens zu verbessern.
Freitag, den 9. März 2012, berichtigen der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Peter-Harry Carstensen, und der Bürgermeister der Stadt Heide, Ulf Stecher, vor den Augen von mehr als 400 Zeugen im Saal und den Vertreterinnen und Vertretern der Medien einen Irrtum der Historiker.
Das ganze besiegeln wir mit einem rauschenden Fest! Heute Nacht steht Heide Kopf.
Die Freiwillige Feuerwehr Heide ist 22 Jahre älter als gedacht. Sie ist mithin die älteste im Land Schleswig-Holstein.
Lieber Robert Rosin, in diesem historischen Augenblick schaut das ganze Land auf Heide.
Respekt, lieber Robert! Ehre, wem Ehre gebührt!
So ein Tag ist eine Besonderheit wie der größte Marktplatz Deutschlands.
So ein Tag wird sich nie mehr wiederholen in den nächsten 1000 Jahren.
So ein Tag ist ein Quantensprung in die Championsleague der Freiwilligen Feuerwehren Deutschlands und nicht mehr zu toppen.
So ein Tag, so wunderschön wie heute!
Jetzt haben wir ganz nebenbei für unsere Tourismuswerbung ein weiteres Alleinstellungsmerkmal.
Das ist die schönste Berichtigung in unserem Leben. Wobei ich davon überzeugt bin, dass im Archiv der Stadt Heide noch so mancher Schatz schlummert.
Schneewittchen lässt grüßen.
Die Freiwillige Feuerwehr Heide ist derzeit nicht nur die Älteste im Land Schleswig-Holstein. Sie ist auch die Nummer eins -feuerwehrhistorisch gesehen – in der Metropolregion Hamburg!
Ganz Heide freut sich ja heute schon auf die Einweihung der Stammer-Straße. Der Bürgermeister hat`s versprochen. Vielleicht wird es demnächst landesweit noch weitere Straßen oder Plätze geben, die an den ersten Oberkommandierenden des Heider Freiwilligen Brandcorps erinnern, den Vater dieser ungeheuren Bürgerbewegung. Diese Bürgerbewegung nennt sich Freiwillige Feuerwehr.
Liebe Freunde, Ihr seid die Avantgarde der Freiwilligen Feuerwehr!
Auf Stammer folgten der Müller Paustian und der Kirchspielsvorsitzende Muhl im Ehrenamt.
Die – fast bin ich geneigt zu sagen – Eimerkette lässt sich über 165 Jahre fortsetzen bis zu Robert Rosin.
Eine Berichtigung wird angefertigt, um eine Wiederholung des Fehlers zu vermeiden.
Es war ein Irrtum, die Geschichte des Freiwilligen Brandcorps in Heide mit dem Schullehrer und Spritzenmann Groth vor 165 Jahren beginnen und gleich wieder enden zu lassen.
Dieser Fehler ist nun mit amtlichem Brief, goldener Glocke und Beifall berichtigt worden.
Von hier und heute geht eine neue Epoche der Brandbekämpfungsgeschichte aus und Ihr alle könnt sagen: „Ich bin dabei gewesen!“ wie weiland Goethe bei der Kanonade von Valmy.
Als die Kanonen von Valmy donnerten, untersagte es die Preußische Brandordnung Hausbesitzern, im Kaminbrandfall ihr Gewehr in denselbigen abzufeuern. Sie durften nicht in den Ofen schießen. Der Kamin könnte Schaden nehmen.
Möglicherweise sind die Dohlen Ursache dieses Unwesens. Nistet der Vogel des Jahres 2012 doch noch immer gerne in Schloten, in die er sein Nistmaterial versenkt, Stöckchen für Stöckchen, Stöckchen für Stöckchen, bis der Kamin dicht ist.
Feuer frei!
Die Suche nach den wahren Ursprüngen der Freiwilligen Feuerwehr Heide war kein Schuss in den Ofen!
Andererseits verpflichteten die diversen Feuerordnungen die Bürger – Bürgerinnen hatten daheim zu bleiben – zum Lärmen und zur aktiven Hilfe. Da sagte der eine Hüh, der andere Hott – und zurück blieb ein Haufen Asche, weil man sich oft gegenseitig behinderte.
Lesen Sie mal die alten Berichte.
Dann kam im Mai vor 170 Jahren, anno 1842, jenes Feuer, das der Dithmarscher Dramatiker Friedrich Hebbel mit dem Brand von Karthago verglich: Ein Drittel Hamburgs, über 4.000 Gebäude in 75 Straßen wurden in nur vier Tagen (vom 5. bis 8. Mai 1842) ein Raub der Flammen.
Was passierte? Ich habe die Hamburger Zeitungen jener dramatischen Tage gelesen. Ein Ruck wie nach Fukushima ging durch – heute würde man sagen – ganz Deutschland. Es gab eine ungeheure Spenden- und Hilfsbereitschaft. So spendeten sogar die Menschen aus dem Flecken Heide spontan 1.000 Taler, die von Boysen persönlich nach Altona gebracht wurden, wie die Hamburger Presse lobend vermerkte.
Die Dombauhütte in Köln leitete Spendengelder um an die Elbe. Die alte Hansestadt Hamburg bekam die Mittel, die zunächst für Armin des Cheruskerfürsten Denkmal gedacht wurden. Der Feuersturm sprang über und entfachte eine ungeheure Welle der nationalen Begeisterung.
Hamburg, wir lieben dich!
Brandbekämpfung, liebe Freunde, das war Politik mit Herz und Hirn.
Vereine und Versammlungen konnte man jederzeit auflösen – auch in Heide. Die Brandbekämpfung war unverzichtbar. Wurde sie von Bürgern für Bürger und durch Bürger auf freiwilliger Basis organisiert, war das eine friedliche Revolution – ganz zu schweigen von der Effektivität bei der Brandbekämpfung.
Der Feuerbürger war ein mündiger Bürger.
Hamburg hat die Welt geweckt, Heide aber hat sie verändert!
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
es bleibt die entscheidende Frage: Wann ist die Saat von Hamburg aufgegangen?
Christian Hengst, Jahrgang 1804, Stadtbaumeister in Durlach, gilt als der Gründer der ersten Feuerwehr. Hengst wendet sich am 6. Juli 1846 an den Gemeinderat mit der Bitte, ihm eine Anzahl junger Bürger zu benennen für sein Pompiercorps. Anfang Februar 1847 ist die Einübung so weit, dass dem Gemeinderat das neue Pompierscorps vorgestellt wird. Obwohl in Meißen, Hanau und Offenbach ähnliche Überlegungen angestellt wurden, gilt der Hengst von Durlach als Vorreiter der neuen Zeit.
Vergleichen wir die Entwicklung in Durlach mit der Heider Brandbekämpfungsgeschichte, so sage ich als Soziologe: Das war ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Bei uns war es eine Gruppe junger Bürger des Bürgervereins, die die Idee gemeinsam entwickelten mit Stammer, Jahrgang 1804, als Erster unter Gleichen jümmers voran!
In der Urkunde vom 1. Februar 1847 ist zu lesen:
„Einem verantwortlichen Collegium wird es nicht unbekannt geblieben sein, dass eine Gruppe größtenteils jüngerer Ortseinwohner sich im Bürgerverein zur Bildung eines Brandcorps vereinigt hat.“
Beim letzten großen Feuerwehrfest im jungen Heider Tivoli, da wurde gefeiert, dass der Schweiß an den Klavierbeinen runter lief. Da hat ganz Heide gewackelt.
Deswegen rufe ich ihnen jetzt zu:
Gaudeamus igitur! Freuen wir uns!
Auf Robert Rosin und seine Mannschaft, sie leben hoch, hoch, hoch!